Bayer Test-Bricks: Die unperfekten LEGO-Steine - Der Spielwaren Investor - spielend reale Rendite
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Bayer Test-Bricks: Die unperfekten LEGO-Steine

Die LEGO-Group blickt mitlerweile auf eine mehr als 85-jährige Firmengeschichte zurück. LEGO bietet auch daher, neben den aktuellen Sets und Minifiguren, eine riesige Bandbreite an außergewöhnlichen Sammelgebieten. In dieser Serie wollen wir hin und wieder einige dieser speziellen Sammelgebiete beleuchten. Heute: Bayer-Testshots.

Prolog

Die Firma LEGO wurde 1932 vom dänischen Tischlermeister Ole Kirk Christiansen gegründet. In den ersten Jahren produzierte LEGO ausschließlich Holzspielzeug. 1947 kaufte Ole Kirk auf einer Messe eine Kunststoff-Spritzgussmaschine aus England. Im Jahr 1951 war bereits die Hälfte der von LEGO hergestellten Spielzeuge aus Kunststoff.

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Unter den verkauften Produkten fanden sich bereits Vorläufer der heutigen LEGO-Steine. Sie waren damals aber lediglich eine kleine Produktgruppe unter rund 200 weiteren Plastik-Spielwaren. 1949 wurden die Bausteine noch als „Automatische Verbindungssteine“ bezeichnet und kamen gänzlich ohne LEGO-Schriftzug aus.

Die heiligen Gussformen

1953 wurden sie in „LEGO Mursten“ („LEGO Mauerstein“) umbenannt und fortan innen (nicht auf den Noppen) mit dem LEGO-Schriftzug versehen. Dafür waren neue Moldings (Gussformen) nötig. Diese wurden zuerst in Billund, später auch im 30 Kilometer entfernten Vejle sowie im deutschen Hohenweststedt gefertigt.

Mold-Produktion 1957 in Billund ©The LEGO Group

Die damaligen Bricks ähnelten, vor allem in den Abmessungen, den heutigen Steinen. Sie hatten jedoch seitlich Schlitze und waren innen hohl. Damit konstruierte Bauwerke verhielten sich dementsprechend instabil. Die berühmten „Tubes“ (Röhren) im Innern der Steine fehlten noch. Diese Röhren sind für die heute berühmte „Clutch Power“ (Klemmkraft/Kupplungskraft) maßgeblich mit verantwortlich.

Das Patent der Tubes, worauf vermutlich der durchschlagende Erfolg der LEGO-Steine fußt, wurde am 28. Januar 1958 eingereicht. Dieser Tag gilt seither als der Geburtstag des LEGO-Steins.

Patentzeichnung 1958
Materialfrage

Die ersten LEGO Kunststoff-Spielzeuge, so auch die frühen Steine, bestanden aus Celluloseacetat (CA).

1961 errichtete Lego unter der Leitung des schweizer Ingenieurs Hans Schiess ein Entwicklungslabor in Billund um die Kunststoffqualität der LEGO Produkte zu verbessern. Es stellte sich nämlich heraus, dass sich die Steine aus Celluloseacetat in der Form verzogen sowie Schwächen in der Farbechtheit und Stabilität aufwiesen. Ausserdem enthielten die frühen Bricks damals noch giftiges Cadmium, welches als Pigment für die gelben und roten Steine diente.

Der neue Kunststoff sollte ohne das toxische Element auskommen, ungiftig, widerstandsfähig, stabil, farb und speichelecht sein.

Hans Schiess (Brille) 1963 in Billund´s LEGO Fabrik ©The LEGO Group

In diesem Findungs-Prozess wurden einige Unternehmen wie wie BASF, DSM Engeneering, Borg Warner und Grangemouth sowie Bayer beauftragt, sogenannte Test-Bricks zu erstellen. Zu diesem Zweck lieferte LEGO den besagten Unternehmen, ältere Molding Maschinen und ausgediente Guss-Formen, um die Produktion unter Real-Bedingungen zu testen. Die ersten Test-Steine wurden noch mit dem alten LEGO-Schriftzug auf jeder Noppe produziert und waren in Farben erhältlich, die es zur damaligen Zeit bei LEGO offiziell nicht gab (und teilweise auch heute noch nicht gibt).

Frühe Test-Shots zierten noch den LEGO-Schriftzug, die Farben waren ungewöhnlich.

Die Kunststoff-Wahl fiel letztendlich auf Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS) und der deutsche Chemie-Riese Bayer aus Leverkusen avancierte zum qualitativen Haupt-Entwickler des heute im LEGO-Stein verwendeten Kunststoffs.

gefunden bei 1000Steine.de

Fun Fact: Bayer selbst war glücklich, für LEGO die berühmten Klemmbausteine entwickeln zu dürfen und schaltete im Magazin „Der Spiegel“ im Jahr 1967 stolz eine ganzseitige Werbeanzeige.

Bayer Testbricks A,B,C und D

Nachdem ABS als Material feststand, bestand die nächste Herausforderung darin, die optimale Klemmkraft der Steine herauszuarbeiten. In der frühen Feinjustierungs-Phase stellte Bayer vier verschiedene Varianten aus dem gewünschten ABS-Kunststoff her. Die Farbe des verwendeten Kunststoffs war dabei beliebig und nach meinen Informationen ohne besondere Aussagekraft. Die Test-Steine wurden mit den Buchstaben A,B,C und D auf einer Noppe (meist rechts oben) versehen. Die restlichen sieben Noppen blieben überwiegend frei (es gibt auch abweichende Varianten, deren Herkunft sich möglicherweise durch die weiteren, vorgenannten Test-Hersteller- oder durch Strategie-Wechsel in der Produktion erklären lässt).

Nach meinem bisherigen Kenntnisstand bezogen sich die Buchstaben lediglich auf die Klemmkraft der LEGO-Steine. Diese war bei A Steinen relativ gering und wurde aufsteigend mit B und C, bis hin zu D immer stärker. Die Klemmkraft bzw. Kuppungskraft ergab sich bei den vier Varianten aus leicht unterschiedlichen Noppen-Durchmessern der Steine.

Die C-Steine wurden durch LEGO als Standard definiert. Bei weiterführenden Fein-justierungen in der Produktion bei Bayer gab es anschliessend Probe-Steine auf denen dann auf sämtlichen 8 Noppen der Buchstabe C auftaucht. Diese Steine werden in der Sammlerszene heute „8C“ genannt und entsprechen qualitativ dem heutigen LEGO-Stein.

Epilog

Die Angaben in diesem Artikel beruhen auf eigenen Recherchen und meinen persönlichen Erfahrungen der letzten Jahre. Bei LEGO selbst sind leider kaum Informationen über diese frühen Entwicklungsstufen des LEGO-Steins zu bekommen. Falls Du ergänzende Informationen hast- oder Anmerkungen loswerden möchtest, freue ich mich über deinen Kommentar unter diesem Beitrag.

Wenn Deine dringlichste Frage nun lautet: Wo bekomme ich solche geschichtsträchtigen LEGO-Sammlerstücke her, dann besuche mich einfach Freitags, in meinem kleinen LEGO-Lädchen. Nach Möglichkeit habe ich immer eine Auswahl dieser Relikte im Angebot.

Was hälst Du vom Sammelgebiet der Bayer-Test-Bricks? Findest Du das Thema spannend? Oder interessiert es Dich nicht? Über welches LEGO-Sammelgebiet sollen wir in Zukunft vielleicht mal berichten? Schreib es in die Kommentare.

9 Gedanken zu „Bayer Test-Bricks: Die unperfekten LEGO-Steine

  • Torsten

    Super Artikel, vielen vielen Dank für dieses ungewöhnliche Hintergrundwissen. Ich liebe es mehr über die Geschichte von großen und großartigen Unternehmen zu lesen.

    Grüße
    Torsten

    Antwort
  • „Wo bekomme ich solche geschichtsträchtigen LEGO-Sammlerstücke her, dann besuche mich einfach Freitags, in meinem kleinen LEGO-Lädchen.“ ist der Laden nun doch schon offen?

    Antwort
    • Legolars

      Noch nicht- aus Gründen. Der Artikel ist für länger angelegt 😉

      Antwort
  • Was muss ich für so einen Teststein „investieren“?

    Antwort
    • Legolars

      Das kommt darauf an… Die gibts bei mir ab 2-3€

      Antwort
  • Cool. Freue mich , wenn der aktuelle Zustand überstanden ist, auf einen Besuch im Bardobricks!

    Antwort
  • Fantastic Brick

    Hier ein paar Ergänzungen zu den ersten Bayer Teststeinen, den „Old Logos“: sie wurden in den 60er Jahren aus verschiedenen „Cellidor“ Mischungen gespritzt, einem thermoplastischen Kunststoff auf Basis von Cellulose-Acetat der Firma Bayer (selten einmal findet man auch schon welche aus „Novodur“, dem damals neuen ABS). Da es in erster Linie um die Findung eines neuen Kunststoffes für die Steine ging, spielten die Farben eine vorerst untergeordnete Rolle und so wurden farbige Kunststoffmischungen bereits in Produktion befindlicher Produkte wie z.B. Zahnbürsten, Schuhabsätze, Wekzeuggriffe oder Kugelschreiber in die Lego Form gegossen. Von den Farben her findet man viele Entsprechungen zu den damaligen Artikeln, was diese ersten Bayersteine zu ganz besonderen in diesem Punkt macht und die für Lego absolut ungewöhnlichen Farben erklärt.
    Mein Video zu diesen ersten Teststeinen der Firma Bayer:

    Antwort

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