LEGO Speed Champions Sommer 2021 Review
Einordnung
Viele Fans der Serie haben skeptisch reagiert, als für Januar 2021 keine neuen Speed Champions vorgestellt wurden. Schließlich erschienen die letzten im Januar 2020 und auch im weiteren Jahresverlauf wurde nichts mehr nachgeschoben. Das lange Warten hat nun ein Ende, seit April ist uns die finale Set-Liste bekannt und seit Mai gibt es offizielle Bilder zu bestaunen. Die zentrale Erkenntnis besteht darin, dass es weitergeht mit den 8-stud-breiten Fahrzeugen und somit sind die neuen Autos kompatibel mit den letztjährigen Sets 76895 bis 79899. Nach dem Aufschrei hinsichtlich der Veränderung von 6 auf 8 Studs im Januar 2020 haben sich alle mittlerweile ganz gut an das neue (und damit nur noch bedingt citykompatible) Format gewöhnt. Das dürfte in erster Linie an dem enormen Erfolg des 76897 Audi Sport quattro gelegen haben, der auch viele Fans außerhalb der LEGO-Szene gefunden hat.
Erster Eindruck

Wenn ich ehrlich bin, habe ich ein wenig die Nase gerümpft, als die ersten Fahrzeugnamen geleakt wurden. Koenigsegg und McLaren sind für Fahrzeuge der Hypercar-Rige bekannt. Brutale Sportwagen, die zwar die Stars in jedem Autoquartett abgeben, aber die wahrscheinlich für deutlich weniger als 1% der LEGO-Kunden ein potenzielles Kaufobjekt darstellen und auch zu wenig alltagstauglich für viele MOCs und Dioramen sind. Beim Dodge-Set fragen sich viele, was der Dragster soll, wohingegen der Challenger eine gewohnt große Fangemeinde besitzt. Doch ob diese auf lila steht? Bei den Corvettes muss man die C8-R ein wenig in Richtung Koenigsegg und McLaren einsortieren, die alte ist dagegen eine Ikone, auf die sich viele freuen. Die Fords waren die große Wundertüte, einen Rallye-SUV hatten die wenigsten auf der Rechnung, der GT ist ein Klassiker, noch dazu in Gulf-Lackierung. Meine persönlich größte Vorfreude weckt die Toyota Supra. Deren Vorgänger war ein Star in den Fast&Furious-Filmen und eine absolute Legende in der JDM-Szene (Japanese Domestic Market). Das Beste daran: Sie kommt in zivil und nicht im Racetrimm. Ohne die Kriegsbemalung hätte auch der 76896 Nissan GT-R mehr Käufer gefunden.
Koenigsegg Jesko

76900 Koenigsegg Jesko, 280 Teile, UVP 19,99€ = 7,14 Cent/Teil
V8 mit 5 Litern Hubraum, das sind Eckdaten, die zwar imponieren, aber keinem Ford Mustang GT-Fahrer Angst machen. Anders sieht es jedoch bei folgenden Eckdaten aus: Je nach Kraftstoff bis zu 1599PS und eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 480km/h. Irre. Völlig irre. Diese Superlative schmälern den Kontostand um 2,8 Millionen Euro. Wenn man zu den 125 Glücklichen gehört, die einen kaufen dürfen.
Ich hätte nicht erwartet, dass die Fertigstellung dieses Fahrzeugs gut 55 Minuten dauert. Für den Preis von 19,99€ abzüglich gewährter Rabatte bedeutet das ein gutes Verhältnis von Kosten und Bauzeit. Betrachtet man das fertige Set, erkennt man die Vorlage relativ gut, sofern sie einem bekannt ist. Der Flügel und das gesamte Heck sind toll, die Bautechniken insgesamt überzeugen absolut. Ein kleines Highlight besteht in dem grünen Frontsplitter, der aus einem Küchenbeil besteht. Weiße Aufkleber auf weißem Grund sind selbst unmittelbar nach dem ersten Aufbau nicht elegant und lassen langfristig nichts Gutes erahmen. Ein kleiner Wermutstropfen besteht in der zerkratzten Frontscheibe. Gesamteindruck: 7/10 Punkte
Toyota GR Supra

76901 Toyota GR Supra, 299 Teile, UVP 19,99€ = 6,69 Cent/Teil
Seit 2019 kann man sich entscheiden, ob man für gut 60.000€ lieber in einem BMW Z4 oder in der Toyota Supra platznimmt. Der Motor ist der gleiche. 340PS aus einem 3,0 Liter Sechszylinder dürften für die meisten Alltagssituationen ausreichen. Zwei schöne Autos, die beide ihre Fans haben und sicherlich einige neue dazugewinnen werden. Doch nur die Supra ist eine Legende in der internationalen Tuning-Szene. Eine Legende, für die nicht wenige Personen Fahrzeuge mit dem zehnfachen Wert links liegen lassen würden.
Meiner persönlichen Einschätzung nach ist die Supra aus dieser Welle das am schwierigsten umzusetzende Auto und vielleicht muss man sogar sagen, dass Designdetails bei anderen Fahrzeugen besser gelöst wurden. Trotzdem ist dieses Modell mein Highlight. Das Bauen hat einfach viel Freude bereitet, durch die einheitlichen Farben und die raffinierten Bautechniken sowie die wenigen Aufkleber. Die dreiteiligen Aufkleber für jeden der beiden Frontscheinwerfer sind sicherlich der Maluspunkt, aber ich wüsste nicht, wie man das anders lösen soll. Gesamteindruck: 9/10 Punkte
McLaren Elva

76902 McLaren Elva, 263 Teile, UVP 19,99€ = 7,60 Cent/Teil
4 Liter Hubraum, V8, 815 PS , 327km/h Höchstgeschwindigkeitund eine Menge frischer Luft um die Nase. Bei den kleinen Frontscheibchen muss man sich fragen, ob man die Bindehautentzündung wirklich riskieren möchte. Wer diese Sorge vernachlässigt und eins der 149 Autos ergattern kann, wird sich beim Blick in den Fahrzeugschein wundern, dass er für 1,7 Millionen ein Auto erworben hat, das weniger wiegt als ein Ford Fiesta in der Basisausstattung. Ingenieurskunst par exellence!
Gut 40 Minuten Bauzeit bedeuten den kürzesten Bauvorgang in dieser Welle. Ein schicker und puristischer Roadster. Neben der Supra ein weiterer Farbtupfer im Regal. Fasziniert haben mich die Rücklichter, die aus trans-dunkelroten Langbeilklingen bestehen. Die schrägen Türen, verhältnismäßig wenige Aufkleber, das raffinierte Heck und der Exotenstatus des Fahrzeugs gefallen, bilden aber für mich kein Highlight heraus. Gesamteindruck: 7/10 Punkte
Chevrolet Corvette C8-R und C3


76903 Chevrolet Corvette C8-R & 1968 Chevrolet Corvette C3, 512 Teile, UVP 39,99€ = 7,81 Cent/Teil
Die C3 gilt in den Augen vieler Fans als DIE Vette schlechthin. Das könnte an dem sehr langen Produktionszeitraum von 1967 bis 1982 liegen. Eine 67er Corvette Stingray ist seit dem Erscheinungsjahr übrigens auf den US-Präsidenten Joe Biden zugelassen, ein Hochzeitsgeschenk seines Vaters. Die C8-R besitzt nach sieben Corvette-Generationen erstmals einen Mittelmotor, was für viele sicherlich gewöhnungsbedürftig ist. Ein Bolide in erster Linie für Langstreckenrennen.
Von der C8-R habe ich tatsächlich wenig erwartet, aber ich bin positiv überrascht. Die Farbgebung ist toll, aber die hohe Anzahl der Aufkleber kann man sich nur insofern schönreden, dass echte Rennwagen schließlich auch beklebt werden. Die Frontscheinwerfer bestehen aus je zwei Aufklebern, sodass ich dachte, dass man sie ganz an die Kante der Steine setzen sollte. Dies stellte sich jedoch als Irrglauben heraus, denn der Versatz wird von LEGO mit eingeplant, sodass sie nun besser aussehen würden, wenn man sie mittig auf die Teile kleben würde. Gesamteindruck: 8/10 Punkte
Die C3 sieht super aus, weil es den Designern gelungen ist, dieses teilweise eckige und teilweise runde Fahrzeug sehr sinnvoll aus LEGO-Steinen nachzubilden. Die Farbe passt ideal, wobei in beiden Corvette-Modellen unter der äußeren Hülle eine Farbvielfalt auftritt, die beim Öffnen des Kartons die Frage aufkommen lassen, ob die richtigen Tüten beigelegt wurden. Die großflächigen durchsichtigen Aufkleber sind optisch ein Manko. Eine Radkappe war schlecht bedruckt, aber zum Glück liegt dieses Teil fünfmal dabei. Puristisch und gut! Gesamteindruck: 8/10 Punkte
Dodge Dragster und Challenger


Der 1970er Dodge Challenger war eine Antwort auf den Ford Mustang, der die Gattung “Pony Car” begründet hat. Der hier vorliegende T/A war ein auf 2500 Stück limitiertes Homologationsmodell für die Trans-Am Series. Der Dragster ist in unseren Breitengraden sicherlich eine randständige Erscheinung. In den USA erfreuen sich Dragrennen höchster Beliebtheit und Motoren aus dem Hause Dodge sind dort sehr häufig zu bestaunen.
Der Dragster ist nach dem Bau der “normalen” Speed Champions eine interessante Abwechslung. Da hier weniger verkleidet werden kann, finden sich mehr von Außen sichtbare Details. Er sieht gut aus und macht einen sehr wertigen Eindruck, aber er sprengt natürlich jegliche Präsentationsform der Serie im Regal. Gesamteindruck: 8/10 Punkte
Auf den Challenger habe ich mich sehr gefreut. Die Adaption ist phantastisch, im Vergleich zu den anderen Fahrzeugen wirkt er jedoch recht unspektakulär. Die schönen Radkappen und die wenigen Aufkleber tragen genauso positiv bei wie die Farbe, die dem Original gleicht, wie auch die seitlichen Auspuffrohre und die schwarzen Akzente. Bei hinteren Nummernschild kann es leicht passieren, es falschherum aufzukleben. Gesamteindruck: 9/10 Punkte
76905 Ford GT und Bronco R


76905 Ford GT Heritage Edition und Bronco R, 660 Teile, UVP 49,99€ = 7,57 Cent/Teil
Der GT ist die moderne Adaption eines amerikanischen Sportwagenklassikers. Auch wenn die Farbe nicht ganz den Originalton trifft, wird hier das legendäre Gulf-Design verwendet. Der Bronco R ist ein Prototyp, der einen Ausblick auf den kommenden Ford Bronco Serienwagen gegeben hat, allerdings auch schon mit Erfolg (Platz 2) an einem Baja 1000 Rallye-Event teilgenommen hat, und das mit 2,7 Liter V6 Serienmotor!
Dieses Set habe ich gemeinsam bzw. arbeitsteilig mit einem Kumpel gebaut, der ein großer Fan und Sammler von Ford GT bzw. GT40 Modellen ist. Er war sehr begeistert von der gelungenen Adaption der Formensprache dieser automobilen Ikone. Aber er fragte mich, ob LEGO kein Babyblau im Sortiment habe, welches das klassische Gulf-Design wesentlich besser abbilden hätte können. Gesamteindruck: 8/10 Punkte
Den Bronco habe ich mir vorgeknöpft und nach dem Bau der vielen flachen Sportwagen war es eine willkommene Abwechslung, einen Geländewagen entstehen zu lassen. Er sticht definitiv optisch aus dieser Welle heraus und wir haben uns zum Beispiel sehr über die Ausgestaltung des Käfigs und der Aufhängung für die zwei Ersatzräder gefreut. Gesamteindruck: 9/10 Punkte
Fazit
Machen wir es kurz. Ich war schon immer ein großer Fan der Speed Champions, aber trotzdem hat mich die aktuelle Welle nochmal positiv überrascht an der ein oder anderen Stelle. Kinder stellt der Aufbau vor keine großen Probleme und trotzdem hat man als Erwachsener Spaß, die Fahrzeuge entstehen zu lassen. Bis auf die Frotscheibe beim Koenigsegg ist die Materialqualität durchweg hoch. Selbst mit Mühe sind keine Farbunterschiede auszumachen. Die teilweise hohe Anzahl an Aufklebern wird wohl das Standardargument der Nörgler sein, was ich teilweise auch nachvollziehen kann. Vereinzelt sind allerdings auch bedruckte Teile inkludiert. Der Detailgrad hat sich im Vergleich zur 2020er-Welle nochmals erhöht, womit ich nicht gerechnet hätte. Die Modelle für 19,99€ sind fair eingepreist, dementsprechend gilt das auch für das Chevrolet Corvette Doppelset für 39,99€. Das Dodge Doppelset würde ich bei 45€ oder maximal 50€ ansetzen, womit es bei einer UVP von 59,99€ hier negativ aus der Reihe tanzt. Da der Bronco etwas wuchtiger als die flachen Sportwagen ist und mit sechs großen Reifen daherkommt, ist die UVP nicht unrealistisch. Mittlerweile wäre es, zumindest für mich, undenkbar, nochmal zu den 6-Stud-Fahrzeugen zurückzukehren. Erwähnenswert ist, dass es keine Sidebuilds mehr gibt. Die Minifiguren sind allesamt sehr liebevoll gestaltet, jeder Torso ist exkusiv.


Investmentpotenzial
Die Speed Champions waren schon immer eine relativ unkomplizierte Investment-Angelegenheit. Es handelt sich um Lizenzautos in gut lagerbaren Kartons zu fairen Preisen. Fahrzeuge wie der 75884 Ford Mustang Fastback 1968 konnte man noch im Dezember 2019 für 9,99€ an jeder Ecke mitnehmen, momentan ist er nicht mehr unter 25€ zu bekommen, Tendenz steigend. natürlich gibt es beliebtere und weniger beliebte Fahrzeuge, aber die Themenreihe bedeutet grundsaätzlich ein gefahrloses Investment. Doch leider hat sich das mittlerweile ziemlich herumgesprochen und diese Sets liegen wahrscheinlich in unzählihgen Kellern von Nachwuchs-Investoren und Resellern. Das schmälert die Gewinnchancen nicht beträchtlich, aber von einer Nische ist dieses Thema mittlerweile weit entfernt. Geheimtipps muss man woanders suchen.

In der Regel pendeln sich die Speed Champions in Investment-Kategorie 3 ein (Solides Investment mit hohem Potential). Wir sprechen für diese Kategorie eine Kaufempfehlung ab einem Rabatt von 20% aus. Dies bedeutet also ab unter 16€ für die einzelnen Fahrzeuge, ab unter 32€ für die Corvettes und ab unter 40€ für die Fords. Das recht teure Dodge-Set wäre demnach ab unter 48€ eine Kaufempfehlung. In diese Planungen sollte man jedoch einbeziehen, dass die letzte Wave sehr regelmäßg für 14€ zu haben war. Die Jaguars gibt es regelmäßig für 27€ und die Lamborghinis für 40€. Als Investor sollte man diese Preisstände im Blick behalten. Fans müssen sich natürlich nicht rechtfertigen, wenn sie mehr dafür zahlen und sich am Aufbau und am Betrachten der Sets erfreuen. Meiner persönlichen Einschätzung nach werden die Supra und das Corvette-Doppelpack auf lange Sicht die größte Nachfrage erzielen, das wird jedoch noch mindestens drei Jahre dauern. Bei der momentanen Marktsättigung noch länger.

Extratipp
Jeder Händler stellt sich momentan die Frage, wie er alle neuen Sets sowie die letztjährige Wave angemessen präsentieren und lagern kann. Dementsprechend müssen spätestens jetzt die 6-stud-breiten Fahrzeuge weichen. Wem also noch etwas fehlt oder wer sein Lager auffüllen möchte, für den bietet sich gerade die vielleicht letzte Gelegenheit, unter der UVP einzukaufen. Der 75890 Ferrari F40 und der 75895 Porsche 911 turbo stechen hier sicherlich heraus. Aber auch der 75892 McLaren Senna, der 75891 Chevrolet Camaro ZL1 und die beiden 75893 Dodge sind nicht zu unterschätzen.
Ich bin eigentlich kein Speed Champions Fan, finde die Sets dieses Jahr aber mal wieder sehr gut umgesetzt. Mein persönlicher Favorit ist das Dodge-Doppelset. Super Review!
Vielen lieben Dank für die Rückmeldung. Ich habe soeben die Kurzberichte und die Bilder der beiden Ford-Modelle ergänzt.