Die spannende Geschichte der LEGO Testbricks (3) - Der Spielwaren Investor - spielend reale Rendite
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Die spannende Geschichte der LEGO Testbricks (3)

…noch nie gesehene Farben, teilweise Buchstaben statt dem Lego Logo auf den Noppen – sind das Legosteine? Ja, es sind Teststeine, gefertigt von ausgewählten Chemiekonzernen für LEGO!
Die Frage nach dem „warum“ und „woher“ beschäftigt mich und mit mir viele Sammler dieser Teststeine bis heute. Vieles konnte durch Internetforen und Kontakte zu den betreffenden Kunststoffherstellern bzw. deren Angestellte und Verwandte beantwortet werden, vieles nicht. Die Geschichte der Materialfindung und Entwicklung des heutigen Legosteins ist nach wie vor ein gut gehütetes Geheimnis, das hier, nach vielen Jahren der weltweiten Detektivarbeit ( ja: die Kunststofftestungen fanden tatsächlich weltweit statt!), immer noch nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.

Im ersten Teil hatte ich euch die ersten Teststeine der Firma Bayer Leverkusen vorgestellt. Sie wurden Ende der 50er / Anfang der 60er Jahre vorwiegend aus Cellidor Mischungen gespritzt. Die Kunststoff-Wahl fiel jedoch letztendlich auf „Novodur“, dem damalig neuen Bayer ABS (Acrylnitril-Butadien-Styrol) und der deutsche Chemie-Riese Bayer aus Leverkusen avancierte zum qualitativen Haupt-Entwickler des heute im LEGO-Stein verwendeten Kunststoffs.
Nachdem nun ABS als Material feststand, bestand die nächste Herausforderung darin, die optimale Klemmkraft der Steine herauszuarbeiten. In dieser Entwicklungsphase stellte Bayer vier verschiedene Steinvarianten aus dem ABS-Kunststoff her. Die Teststeine wurden mit den Buchstaben A, B ,C und D auf der oberen rechten Noppe versehen, darum ging es im zweiten Teil.
Doch nun wird es, nicht nur was die zeitliche Abfolge anbelangt, kompliziert:

Teil 3:
Die Bayer 8xC Steine

…wie wir wissen, wurde der C-Stein der ABCD Steine durch LEGO als Standard definiert. Er entspricht qualitativ dem heutigen LEGO-Stein.
Anders als die Steine aus den vorangegangenen Gussformen, tragen die Teststeine mit dem „C“ auf allen 8 Noppen (daher der Name „8xC“) nicht das Pat. pend in der Unterseite, sondern lediglich die Zahlen „05“ – es gibt sie jedoch auch völlig ohne Markierung. Vier verschiedene Versionen sind bekannt, die sich alle leicht unterscheiden – offensichtlich wurde die Form einige Male erneuert.

Das „C“ auf dem rechten Stein ist kleiner. Links ist der „Teardrop“ Stein zusehen – benannt nach der kleinen Träne“ unter dem einen „C“

Problematisch die Zuordnung betreffend ist jedoch, das sich diese 8xC Steine auch in anderen Ländern finden: sie tragen in der Unterseite andere Zahlen: 03, 04, 06, 08. Sie stehen für LEGO eigene Testungen in Dänemark, die der DSM (Dutch State Mines) und Borg-Warner Chemicals in den Niederlanden und dem Lego Samsonite Testcenter in Woodmar, USA (ebenfalls Borg-Warner Chemicals). Die Gussform wurde also zu Testzwecken nicht nur an die Firma Bayer in Leverkusen ausgegeben.

Die Gussform

Der Gussform dieser Steine waren Materialprüfkörper für Biege-, Festigkeit- und Haltbarkeitstests anhängig: eine Platte, ein Stab und ein quadratischer Hohlkörper. Übrigens vom Prinzip her die gleiche Gussform, die bei den nachfolgenden 7xC Steinen verwendet wurde… Ein kleines, wenn auch undeutliches Foto, findet sich in dem hauseigenen „Bayer Magazin“ von 1990 (Bild Mitte):

Bayer Magazin 4/1990 ©Bayer AG

Diese Prüfkörper finden sich sehr selten in alten Bayer Sammlungen und sind bei Sammlern besonders begehrt:

Die Farben

Der Bayer ABS Kunststoff „Novodur“ wurde in rund 1000 Farbvariationen produziert. Die Herstellung für die LEGO-Gruppe war aufgrund der speziellen Eigenschaften und der engen Farbtoleranzen recht kompliziert. Neben den farbgenauen Entsprechungen (insbesondere von Modulex, Scala und Fabuland Farben) finden sich bei diesen Teststeinen nicht nur jede Menge „Lego ähnliche Farben“, sondern auch – und das macht diese Steine Steine so besonders – „Swirlies“: Vorstellbar wäre, das man evtl. unterschiedliche ABS-Typen nach definierten Mixturen zusammengemischt hat um eine optimale Farbmischung zu finden, was bedeutet, das auch die endgültige Materialfindung längst noch nicht abgeschlossen war.

Der reine Kunststoff ohne Farbpigmente war von milchig weisser Farbe. Heute stellen farbig transparente Steine Steine kein mehr Problem dar – damals schon. Von daher ist dieser farbig transparente Stein eine Rarität:

Und natürlich sind auch bei diesen Teststeinen die „Marmorierten“, die durch den Einlauf einer neuen Farbe in die Gussform entstanden, ein gesuchter Leckerbissen für Sammler dieser Steine:

„Fehler-Steine“

Auch hier bieten „Fehlersteine“ wieder einen schönen Einblick in die möglichen Probleme des Spritzgussverfahrens:

Epilog

Die Angaben in diesem Artikel beruhen auf eigenen Recherchen vieler Jahre, unzähligen Gesprächen mit ehemaligen Angestellten und deren Verwandten der Firma Bayer – und: nicht zu vergessen, dem Austausch mit anderen Sammlern dieser Steine. Sie erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Bei LEGO und Bayer selbst sind leider kaum Informationen über diese frühen Teststeine erhältlich. Solltest du ergänzende Informationen oder auch spezielle Fragen haben: nur zu!

4 Gedanken zu „Die spannende Geschichte der LEGO Testbricks (3)

  • BBricks

    Danke für den tollen Artikel mir sehr schönen Bildern. Eine Frage stellt sich mir jedoch: Was ist der Unterschied zwischen 7C und den 8C Steinen außer der anderen Gussform? Ich habe nämlich letztlich ein Konvolut mit ca. 800 „7C“ Steinen mit Mould Nummer 05 gekauft.

    Antwort
  • fantasticbricks

    …eine gute und berechtigte Frage. Die 7xC Steine werden Thema der nächsten Folge sein – aber um es einmal ganz platt und ohne unbestätigte Vermutungen vorweg zu nehmen: der Unterschied beträgt genau ein „C“.

    Antwort
  • Simon

    Ich liebe diese Artikel. Auch wenn ich kein Interesse an diesen Steinen hab, ist das immer ein tolles Beispiel, wie man in einem Sammelbereich abnerden kann 👍🏼 Zeigt auch immer sehr schön, wie vielfältig LEGO-Sammeln aussehen kann.

    Antwort
  • fantasticbricks

    @BBricks und auch ihr anderen, die ihr vielleicht Teststeine habt: schickt mir gerne einmal Bilder – es ist immer interessant, was sich „in freier Wildbahn“ da noch so findet!

    Antwort

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